BBAG am Gotthardtkirchplatz
Lesezeit: 2 Min.
„Unser Ziel ist es, dass die Menschen hier nach ein bis drei Jahren rausgehen und selbstständig sind oder vielleicht sogar einen Job haben“, so Daniel Herzog. Der Brandenburger unterstützt seit Oktober 2019 erwachsene männliche Zuwanderer auf dem Gotthardtkirchplatz.
Das falsche Flüchtlingsbild
Bei ihm kann sich jeder, der über 27 Jahre alt ist, bei Fragen zu Schule, Beruf, Wohnen, Gesundheit und Familie beraten lassen. Die meisten von Daniels Klienten sind Väter und Ehemänner, die ihre Familien aufgrund des beschwerlichen Weges nach Deutschland in der Heimat lassen mussten. „Schaut man hinter die Kulissen, dann stimmt das klischeehafte Flüchtlingsbild vom jungen Single-Mann so nicht“, sagt Daniel.
Die Zahl der Geflüchteten in Brandenburg an der Havel sank in den letzten Jahren kontinuierlich. 2015 nahm die Stadt wöchentlich zeitweise 75 Flüchtlinge auf, im Jahr 2020 rechnet man mit rund 50 – auf das gesamte Jahr verteilt. Seit 1991 bietet die BBAG Geflüchteten eine Anlaufstelle. Mittlerweile dürfte sich nur noch schwer eine Nationalität finden, die nicht in der BBAG geschult und gefördert wurde.
Neben Alphabetisierungs- und Deutschkursen vermittelt die BBAG in Orientierungsklassen Kenntnisse zu Staat, Gesellschaft und Geschichte Deutschlands. Der für die Einbürgerung notwendige Test „Leben in Deutschland“ kann ebenfalls abgelegt werden. Müttern hilft das Programm „Mütter in Bewegung“ bei der Job- und Ausbildungssuche in der Stadt Brandenburg und Umgebung.
Persönlicher Kontakt, der Ängste abbaut
Einen besonderen Ansatz verfolgt das Projekt MentIntegra. Hier treffen Alteingesessene im persönlichen Kontakt auf Neubrandenburger. Die Tandem-Partnerschaft ermöglicht persönliche Tipps und einen gemeinsamen Austausch zu allem, was die Stadt Brandenburg und das Leben betrifft – und somit vielleicht sogar Ängste abzubauen. Dieser multikulturelle Austausch wird nicht nur im Café der BBAG großgeschrieben, sondern auch in der monatlichen Veranstaltungsreihe Radoun, die an verschiedenen Orten in der Stadt stattfindet.
An den Abenden, die ganz im Zeichen von Musik, Tanz, Essen und dem Geschichtenerzählen stehen, ist jeder willkommen. Nur eine kleine Speise sollte man mitbringen – dieser kleine Obulus wird Teil eines gemeinsamen Buffetts. Eine Veranstaltung, in der es ums Teilen geht, und die inzwischen ein Stammpublikum anzieht.
„Ein idealer Ort der Begegnung“, weiß Sebastian Möckel, der nicht nur die MentIntegra leitet, sondern auch die Radoun-Abende organisiert. Das merke man vor allem dann, wenn Brandenburger, die zufällig die Veranstaltungen besuchen, anschließend regelmäßig wiederkommen. „Hier findet der Brandenburger eine Ebene, sich an Fremde heranzutrauen um so Vorurteile abzubauen,“ so Sebastian.
Schließlich ist es gut, dass jemand da ist, der sich auskennt, wenn alles neu und ungewohnt ist.