Kapelle St. Jakob –
verrücktes Bollwerk gegen die Pest

Dicht gedrängt steht sie an der Jacobstraße und wird doch leicht übersehen: Die Verrückte Kapelle. Gerade einmal sieben mal fünf Meter misst die Grundfläche. Doch manchmal sagt die Größe eines Gebäudes nichts über dessen Bedeutung aus.

Lesezeit: 2 Min.

Der unscheinbare Backsteinbau im Stadtteil Ring, direkt neben der Wredowschen Zeichenschule, ist den meisten Brandenburgern unter dem Namen „Verrückte Kapelle“ bekannt. Im Jahr 1892 wurde der Bau infolge einer Straßenerweiterung vom ursprünglichen Standpunkt um elf Meter nach Osten verschoben. Seit jeher wirkt die Jakobskapelle etwas fehl am Platz. Doch spannender als der heutige Name ist die Geschichte des Gebäudes und die Frage, warum die Kapelle im 14. Jahrhundert außerhalb der Stadtmauern errichtet wurde.

 

Die Antwort steckt im erstmals 1349 erwähnten Namen: „Kapelle des Heiligen Jakobus außerhalb der Mauern bei den Kranken“. Der gotische Bau war einst Teil eines Krankenhauses, das im Mittelalter das Überleben der Stadtbewohner sichern sollte.

Die Verrückte Kapelle in der Jacobstraße, Blick Richtung Steintorturm

Die Verrückte Kapelle in der Jacobstraße, Blick Richtung Steintorturm

Die Kapelle wurde etwa im Jahr 1320 errichtet.

Die Kapelle wurde etwa im Jahr 1320 errichtet.

Der Kapellenturm wurde 30 Jahre später angebaut.

Der Kapellenturm wurde 30 Jahre später angebaut.

Am Jakobsgraben

Am Jakobsgraben

Die Giebelhöhe beträgt 10m, die Turmspitze ragt 15,7m nach oben.

Die Giebelhöhe beträgt 10m, die Turmspitze ragt 15,7m nach oben.

Nur zwei Fenster lassen Licht in die Kapelle.

Nur zwei Fenster lassen Licht in die Kapelle.

Verschiebung der Kapelle 1892, Foto: Gregor Rom

Verschiebung der Kapelle 1892, Foto: Gregor Rom

Die schmale Eingangstür der Kapelle.

Die schmale Eingangstür der Kapelle.

Das Spital befand sich in einer typischen Lage: an einer wichtigen Handelsroute, entlang der heutigen Jacobstraße. Diese Heerstraße verband die Stadt Brandenburg mit Magdeburg im Westen und mit dem heutigen Poznan in Polen. Nur wenige Fußminuten lag das Spital samt Kapelle vom Stadttor am Steintorturm entfernt. Kranke und Aussätzige, aber vor allem Jene, die sich krank der Stadt näherten, wurden hier, außerhalb der Stadtmauern, aufgenommen und betreut.

 

Große Seuchen bedrohten Europa im 14. Jahrhundert. Diese gingen auch an der Alt- und Neustadt Brandenburgs nicht spurlos vorüber. Die Infektionskranken wurden außerhalb der städtischen Enge untergebracht. Mit dieser Maßnahme sollte der Seuchentod vor den Toren der Stadt gehalten werden. Doch laut einer Sage vergebens. Die zahllosen Pesttoten der Neustadt wurden demnach am Trauerberg begraben, der namentlicher Zeuge dieser gefährlichen Zeit sei. Fakt ist, dass die kleine Kapelle auf einem archäologisch nachgewiesenen Spitalfriedhof steht.

 

Die Kapelle war ein stark frequentierter Ort, den viele Reisende für eine Rast nutzten. Der nahe gelegene Jakobsgraben ermöglichte ihnen das Wäschewaschen – eine von vielen hygienischen Maßnahmen, die im Mittelalter ebenso wichtig war wie heute das Händewaschen.